Das monatliche Schreibcafé in der Ingeborg-Drewitz-Bibliothek hatte, so kurz vor Weihnachten, genau dieses Fest als Thema. Alle Jahre wieder stürzen sich die Menschen in die Geschäfte, um die allerletzten Geschenke für ihre Liebsten zu besorgen. Es muss etwas Schönes her, damit das Beisammensein unterm geschmückten Tannenbaum unvergesslich wird. Und so bricht vor der eigentlich so stillen Weihnacht die allgemeine Unruhe, Nervosität und Hektik aus.

Zur besinnlichen Einstimmung auf das Thema wurde eine Pralinenschachtel herumgereicht und jeder durfte zugreifen. Halt, nicht ganz! Die Schachtel wurde über den Tisch geschoben, und das mit so viel Schwung und Vorfreude, dass die Pralinen aus der Schachtel flogen und sich über den Tisch verteilten. Auf zum frohen Schreiben und zur ersten Übung!

Teilnehmer: 2 Kursleiterinnen, 10 Frauen, 3 Herren

Schreibübung 1 (5 Minuten):
Stell Dir vor, du bist der Weihnachtsmann oder ein Weihnachtsengel. Du hast zwei Familien besucht und glücklich gemacht. Nun bist du unterwegs in die dritte Wohnung. Du klopfst an die Tür, doch statt der zu erwartenden Freude blicken dich erstaunte Gesichter an. Es ist schon ein Weihnachtsmann oder Weihnachtsengel da!
Schreibe deinen Ausgang der Geschichte auf!

»Hohoho, Knecht Ruprecht, was machst du denn hier? Du solltest doch unten am Schlitten warten, die Rentiere füttern und aufpassen, dass niemand die Geschenke stielt!«
Der andere Weißbärtige sieht mich verdutzt an. Oma und Opa stehen mit offenem Mund da. Mama rennt in die Küche. Papa stemmt die Arme in die Hüfte. Der Bengel fegt aufgeregt zwischen meine Beine hindurch. Ich nutze den Moment der Erstarrung und schiebe mich an ihnen vorbei ins Wohnzimmer.
Der Knabe johlt: »Heute gibt’s doppelt Bescherung!«

Schreibübung 2 (5 Minuten):
Lies dir den nachfolgenden Anfang der Geschichte »Unerwarteter Besuch« durch und schreibe sie fort. Wer mag da nur kommen? Und geht die Geschichte gut aus? Oder endet sie tragisch oder lustig?

Unerwarteter Besuch

Und wieder steht Weihnachten vor der Tür. Das Thermometer zeigt minus sieben Grad, und es riecht nach Rauch, Fichtenzweigen und Schnee. Die alte Bäuerin lebt allein auf dem Hof und kümmert sich so gut sie kann um den Hof und um die Tiere – die Kuh, die zwei Schweinchen und die kleine Hühnerschar. Kater Fridolin hat sich vor einigen Wochen auf dem Nachbarhof niedergelassen und kommt nur noch alle paar Tage mal vorbei. Als sie am Weihnachtsmorgen nach dem Eimer greift und auf den Stall zugeht, um Alma zu melken, sieht sie eine Gestalt den Weg herauf kommen und hält inne. Wer kann das sein? Schließlich glaubt sie zu erkennen, dass es … ist.

…, dass es Winfried ist. Er hat seine alte Baumwollmütze tief ins Gesicht gezogen. Sein ergrauter Bart wallt unbändig hervor. Er trägt eine lange Kutte und steigt den Hügel schweren Schrittes hinauf. Hinter sich zieht er einen Karren. Winfried verschnauft für einen Moment, dann setzt er seinen Weg fort. In der rechten Hand trägt er etwas glitzerndes, funkelndes. Die Bäuerin strahlt über das ganze Gesicht. Dass Winfried an sie gedacht hat und ihr ein Geschenk vorbei bringen möchte. Was für eine Freude. Sie zupft ihre Schürze zurecht und fährt sich durch die Haare.
Doch Winfried sieht die Bäuerin nicht an. Sein Blick geht finster stur geradeaus.
Warum schaut er so böse? Ist das Geschenk etwa nicht für sie? Das Geschenk? Oh Gott – ein Beil. Sie lässt den Eimer fallen und rennt in den Stall: »Nicht Alma!!!«

Weihnachtsstern

Schreibübung 3 (5 + 8 + 10 Minuten):
Die letzte Schreibübung befasst sich mit dem gemeinschaftlichen Verfassen von Texten. Zunächst werden Kärtchen mit unterschiedlichen Motiven auf dem Tisch verteilt. Jeder aus der Schreibgruppe wählt ein Kärtchen aus. Das darauf abgebildete soll in den Anfang der Geschichte eingebettet werden und als Schreibimpuls dienen.
Nachdem das erste Zeitintervall um ist, reichen alle ihren Text zum rechten Nachbarn weiter. Der Text wird dann von diesem gelesen und weiter fort gesponnen. Dieses Vorgehen wird ein drittes Mal wiederholt, so dass zum Schluss an jeder Geschichte drei Autoren mitgewirkt haben.
Hinweis: Bei handschriftlichen Texten möglichst leserlich schreiben!

Das Bündel

A1: Vor dem Haus lag ein Bündel, mehrere Tücher ineinander verschlungen. Maria war dort stehen geblieben. Sollte man in diesen Zeiten nicht achtsam sein? Sie hatte so viele Nachrichten über abgestellte Koffer und Taschen gehört – verdächtiges Material. Und dies, was war das? Sie trat vorsichtig heran, beugte sich hinunter. So lange sie es nicht berührte, konnte doch nichts passieren. Plötzlich bewegte sich das Bündel und es gab ein leises Miau.

A2: Miau? Ein Bündel, das miaute wie eine Katze? Maria war erschrocken und neugierig zugleich. Es tickte zwar nicht, könnte sich aber doch um eine Bombe handeln. Oder war es nur ein hilfloses Tierchen, das jemand vor ihrer Haustür abgelegt hatte? Aufgeregt sah sie sich um, konnte jedoch keinen Menschen erblicken. Nicht mal ihr Nachbar Fred, der permanent am Küchenfenster lauerte, war zu sehen. Sie fasste all ihren Mut, packte das Bündel an den Zipfeln und trug es vorsichtig in die Wohnstube. Sie setzte sich auf das Sofa und beäugte im Schein des Kerzenlichts die Tücher, die sich erneut zu regen begannen.

A3: Gleich würde Josef aus der Kirche kommen, zusammen mit seinem alten Vater. Na, das wäre ja was. Die Knäuel bewegten sich und es schienen mehrere Katzenbabys zu sein. Ein getigertes und schwarz-weißes und ein braunes. Oder waren es vier? Als hätte sie nicht genug um die Ohren. Naja, es waren Lebewesen und die könnten sicherlich ein wenig Schutz und Fürsorge vertragen. Vielleicht sollte sie ihre patente und kluge Freundin Elisabeth anrufen. Die hatte zwar auch immer etwas vor, aber sich auszutauschen, das täte sicherlich gut.

Der Anruf

B1: Maria hatte den Wohnzimmertisch festlich eingedeckt: Tannenzweige und Kerzen standen in der Mitte auf der weißen Tischdecke. Dazwischen verteilt süßes Konfekt, Baumkuchen und auf dem großen Tablett ein Dresdner Stollen. Sie nahm ein Streichholz und entzündete die roten Lichter. Gleich sollten die Gäste kommen. Die Kuckucksuhr schlug drei Mal.

B2: Da klingelte das Telefon.
»Bestimmt wieder Emilia, dass sie später kommen, weil das Baby wieder in die frische Windel… Kannst du rangehen?«, rief sie aus der Küche zu Rolf.
»Mmh, mmh … ja«, hörte sie Rolf sagen.
Sie schaute zu ihm und sah den Ernst in seinem Gesicht, seiner ganzen Körperhaltung. Leise setzte sie sich auf den alten Stuhl.
»Ja, und was sagen die Ärzte? Ja, das ist gut. Ja, vielleicht mag er dann auch wieder Besuch haben, wenn’s ihm etwas besser geht… Ja, bis später. Doch, komm her, du musst jetzt nicht allein sein. Kannst auch bei uns telefonieren, wenn du möchtest. Es gibt wieder Marias Stollen und Baumkuchen.«

B3: Rolf legte den Hörer behutsam auf die Gabel. Er kam in die Küche und setzte sich ihr gegenüber.
»Das war Adalbert,« sagte er zu ihr, »er kommt heute abend auch her. Sein Lebenspartner ist ins Krankenhaus eingeliefert worden. Etliche Prellungen, Rippenbrüche, Abschürfungen und ein Milzriss. Er kann dort nichts für ihn tun, also habe ich ihn eingeladen.«
Sie schaute ihren Mann ruhig an, dann stand sie auf. Seine Verlegenheit war offensichtlich. Es war ein Lachen, das in ihr aufstieg, ein Lachen, dass sich in einem hysterischen Kichern Bahn brach. Endlich, endlich kam er sie besuchen. Mochte der Anlass auch tragisch sein.

Frage:
Welche der Teilgeschichten stammen von mir? Wähle ein A (A1, A2 oder A3) und ein B (B1, B2 oder B3) aus und hinterlasse einen Kommentar mit einer kurzen Begründung!
Kleiner Tipp: ich hatte auf meinem Kärtchen eine rote brennende Kerze.