Schon lange wollte ich mal ausprobieren, wie es ist, ein Buch selbst zu binden. Ein Buch, geformt mit den eigenen Händen ist wohl die Krönung des kreativen Schreibens oder Zeichnens. Man bekommt die Möglichkeit, das Buch, das später mit Gedanken oder Bildern gefüllt werden soll, nach seinen eigenen Wünschen zu erschaffen – mir bot sich die Gelegenheit dazu bei einem privat organisierten Buchbinden-Workshop in Potsdam.
Zunächst bekamen wir eine Liste von Dingen, die man dafür braucht und die mitgebracht werden sollten. Selbstverständlich steht da das Blatt Papier ganz oben. Und damit beginnt auch die Qual der Wahl. Welche Papiergröße möchte ich nehmen? Es wird nachher halb so groß sein, weil es gefaltet wird. Möchte ich unterschiedliche Papiergrößen oder Papier von der Rolle kombinieren? Welche Sorten von Papier dürfen es sein: Aquarellpapier, Skizzenpapier, Schreibpapier? Wie stark soll das Papier sein? Rauhes oder glattes? Weißes, schwarzes oder farbiges Tonpapier? Transparentpapier?
Desweiteren wird kräftige Pappe für die Buchdeckel benötigt, Papier oder Stoff zum Beziehen der Buchdeckel, Sticktwist (in beliebiger Farbe) oder Buchbindegarn, ein Teelicht, eine Nadel, Falzbein, Schere, Kleber, Lineal, Stift, Schneidmatte oder Stück Holz und Ahle. Und am allerbesten auch eine Schneidemaschine, um mehrere Blatt Papier und die Pappe auf Maß bringen zu können.
Wozu das alles? Zunächst die Papiere einzeln in der Mitte (oder auch bei einem Drittel) mit dem Falzbein falten. Wer keines hat, kann auch den Daumennagel nehmen, besser geht es aber mit einem flachen, abgerundeten Werkzeug, z. B. ein Löffel oder, wie ich es gemacht habe, ein Brieföffner. Mehrere Heftlagen aus drei bis vier ineinander gelegten Blättern bilden (je nach Dicke des Papiers). Für ein kleines Buch bieten sich sechs oder acht Heftlagen an. Drei Blätter pro Heftlage entsprechen gefaltet 12 Buchseiten. Bei acht Heftlagen ergeben sich somit 96 Seiten insgesamt.
Dann in jeder Heftlage die Löcher markieren (mit Lineal ausmessen). Ich habe drei Löcher oben und drei unten vorgesehen. Diese Löcher mit der Ahle vorstechen. Da ich keine hatte, habe ich einen Zirkel benutzt. Dafür habe ein Stück Holz untergelegt und jede Heftlage von innen vorgestochen. Um nicht bei jeder Heftlage messen zu müssen, wo die Löcher hinkommen, damit es gleichmäßig wird, habe ich ein Blatt mit den Löchern als Schablone verwendet.
Den Faden (Sticktwist) mit dem Teelicht wachsen. Dazu den Docht aus der Mitte ziehen und den Faden mehrmals komplett durchziehen. Vielleicht kann man diesen Schritt auch weglassen, er soll aber dazu dienen, dass die Knoten, die man später beim Zusammenbinden der Heftlagen macht, besser halten.
Nun den Faden durch die Nadel fädeln. Den Faden doppelt nehmen und am Ende mit einem Knoten versehen. Und dann kann es losgehen mit dem ersten Buchdeckel und der ersten Heftlage. Da die folgenden Schritte beim ersten Mal gar nicht so einfach sind, verlinke ich hier nur auf ein Video bei YouTube, das das Vorgehen sehr schön erläutert.
Mein Fazit: das Allerwichtigste beim Buchbinden scheinen Zeit und Geduld zu sein. Im Workshop war ich nach drei Stunden noch nicht fertig und habe zuhause weiter gearbeitet. Problematisch war der lange, gewachste Faden (doppelt gelegt vier Meter), der sich permanent verdrehte und verhedderte. Da ich aber nicht wusste, wieviel ich brauchen würde, wollte ich ihn nicht kürzen. Später, als er durch das Binden immer kürzer wurde, ging es durchaus leichter. Irgendwann fehlte mir nur noch der zweite Buchdeckel, der es aber in sich hatte. Ganze zwei Nadeln sind mir dabei abgebrochen. Ich musste den Faden durchschneiden, weil ich sonst keine neue Nadel eingefädelt bekommen hätte. Letztendlich habe ich für jeden der Fäden eine eigene Nadel genommen und bin so mühselig bis zum Ende gekommen. Ich habe diese Fäden auch nur 10 Zentimeter durch die Ösen gezogen und keinen Knoten gemacht, weil ich sonst nicht mehr durch die Löcher gekommen wäre oder diese ausgerissen worden wären.
Beim nächsten Mal werde ich den Faden nur einfach nehmen. Ich habe auch überlegt, ob ich dann die oberen Löcher mit einem Faden in einer Farbe und die unteren mit einem anderen in anderer Farbe binde. Dies hätte auch den Vorteil, dass man pro Heftlage weniger Faden verbraucht.
Nun muss ich dieses einzigartige Büchlein nur noch füllen. Das wird meine nächste Aufgabe und kann bei 96 Seiten schon ein Weilchen dauern. Ich bin gespannt, welche neuen Gestaltungsmöglichkeiten sich mir so beim Zeichnen bieten werden.
Mindsplint sagt:
…das hört sich sehr interessant an – die Frage die sich mir stellt ist jedoch, ob sich das Buch wirklich füllt und wenn ja, womit?! Denn etwas einmal hinein geschriebenes ist ja unwiderruflich drin! Da gilt es schon, sehr sorgfältig zu entscheiden, welche Texte ebenbürtig mit der Kostbarkeit des Buches sind, oder? 🙂
Wäre schön, wenn du da mal beizeiten drüber berichten würdest…..
12. November 2018 — 20:03
David sagt:
Ich werde es hauptsächlich für Zeichnungen nutzen. Es stimmt, ein wenig Mut gehört schon dazu. Schließlich möchte man es nicht versauen. Zur Not könnte ich den Faden herauslösen, das Buch auftrennen, einzelne Seiten herausnehmen oder austauschen und mit neuem Faden wieder zusammennähen. Aber ich glaube, das wäre mir zu aufwendig. Da muss ich jetzt durch. Ich werde berichten oder zeigen, wenn einige Skizzen darin verewigt sind.
12. November 2018 — 22:33
Renate Zimmermann sagt:
Das Ergebnis sieht wunderschön aus! Hat sich auf jeden Fall gelohnt…
12. November 2018 — 20:05
aurorawillwandern sagt:
Sehr schön! Und als Antwort auf Mindsplint: man kann auch bereits beschriebene Blätter zu einem Buch binden .
12. November 2018 — 20:44