Letztes Jahr haben wir aus Samen etliche Akeleipflanzen gezogen. Die meisten zogen, als sie kräftig genug waren, in den Garten um. Es blieben jedoch vier Pflänzchen übrig, die recht schwach wirkten. Zum Wegschmeißen konnten wir uns nicht überwinden, und so landeten sie alle zusammen in einem Blumenkasten. Dort hatten wir sie stets im Blick und konnten sie hegen und pflegen. Da die Akelei sowieso erst im zweiten Jahr blüht, trug sie im ersten Jahr nicht zur Verschönerung des Balkons bei, war aber auch kein Schandfleck, denn selbst die zarten, grünen, rundlich ausgefransten Blättchen waren schön anzusehen.
Irgendwann kam der Herbst und dann der Winter, der sich 2018/2019 in Berlin kaum als solcher bezeichnen durfte. Es gab nur wenige Tage unter Null und so gut wie keinen Schnee, zumindest keinen, der länger als zwei Stunden liegen blieb. Da unser Balkon geschützt in der Hauswand eingelassen ist, also eigentlich als Loggia bezeichnet werden dürfte, sorgten die Abwärme des Hauses, die windgeschützte Lage und die Ausrichtung nach Südwesten zusätzlich für milde Temperaturen. Infolgedessen geschah es, dass die Akeleipflanzen den gesamten Winter über grün blieben. Das zum Herbst hin üppig gewordene Laub zog sich zwar etwas zurück, aber die Pflanzen blieben sichtbar und schoben sogar hin und wieder kleine frische Blättchen nach.
Mit den ersten wärmeren Tagen im Februar, an denen schon zwanzig Grad erreicht wurden, setzte sofort das Wachstum ein und das Grün quoll innerhalb weniger Wochen aus dem Blumenkasten. Mitte März schoben sich kräftige Stengel gen Himmel, die schon Anfang April Blütenknospen ausbildeten. Es stellte sich heraus, dass wir abwechselnd nebeneinander zwei kleinwüchsige und zwei großwüchsige Akeleien gepflanzt hatten. Die kleinwüchsigen blühten etwas früher, da ihre Blütenstengel nicht so weit auswachsen mussten. In der Blütengröße stehen sie jedoch den großwüchsigen kaum nach. Die äußeren Blütenblätter der kleinwüchsigen sind pink gefärbt, die inneren weiß. Sie lugen gerade mal ein paar Zentimeter aus dem Blumenkasten. Unten von der Straße aus lassen sie sich nicht erblicken. Im Gegensatz dazu stehen die Blüten der großwüchsigen Akelei vielverzweigt und vierzig Zentimeter hoch. Die Stengel tragen kaum Blätter, dafür umso mehr Blüten, gestaffelt in unterschiedlichen Höhen. Die Blüten sind tief lila bis leicht bläulich gefärbt und schwingen mit dem Wind hin und her, die Köpfchen zart nickend. Manch eine Hummel folgte ihrem Lockruf und labte sich an den gelben Pollen. Selbst Spaziergänger bleiben vor unserer Haustür stehen, legen den Kopf in den Nacken und bestaunen die kerzengeraden Akeleien, die lauthals rufen mögen: „Seht nur her, der Sommer ist gekommen.“
Wir lassen sie in dem Glauben und verschweigen, dass sie einige Wochen zu früh dran ist.
aurorawillwandern sagt:
Ich liebe Akeleien und habe auch einige in mein kleines Gärtchen gesetzt. Leider hat der vorige Winter 17/18 nur eine Pflanze überleben lassen. Sie hat dunkellila Blütenblätter mit weißer Mitte.
28. April 2019 — 17:57
David sagt:
Akeleien können sich durch ihre Samen ganz gut selbst vermehren. Manch einer sieht die Pflanze sogar als Unkraut, was ich bei ihrer zarten Schönheit überhaupt nicht verstehen kann. Die ausgesäten Pflanzen blühen dann aber erst im zweiten Jahr, wenn sie nicht aus Versehen beim Unkraut jäten entfernt wurden. 😉
29. April 2019 — 21:56
lecw sagt:
Auch wir haben eine schöne lila Akelei in einem Kübel auf unserer Terrasse. Schon seit fünf Jahren freuen wir uns jedes Jahr über die schönen, unprätentiösen Blüten. Seit letztem Jahr hat sich der Buchs nebenan sehr breit gemacht, aber nix da! Er wurde beschnitten, zugunsten der Akelei! 🙂
28. April 2019 — 20:26
David sagt:
Das gefällt mir. 🙂 Die Akelei bringt eben mehr Farbe und Abwechslung ins Beet oder den Kübel – Schönheit vor Alter. 😉
29. April 2019 — 21:58