Segelschiffe treiben wie Dreiecke über den Wannsee. Zwischen den Wolken lugt ein Diamant hervor und glitzert zu Tausenden im Wasser. Die durstigen Blätter der Linde rauschen im Wind. Eine Möwe fliegt hoch am Himmel, ein Kormoran knapp über der Wasseroberfläche.
Am Ufer ist eifriges Geplauder zu vernehmen. Weiße klapprige Plastikstühle wurden in der Rotunde aufgereiht. Auf der bemoosten halbrunden Steinbank stehen Bier- und Weingläser und unterhalten sich. Eine Frau mit blonden Haaren spricht den jungen Mann neben mir an. Heute sei Open-Air am Gleisdreieck. Oder am Kranzlereck? Und morgen am Sonntag gibt es Horst Evers.
»Ick weeß die Uhrzeit nich«, sagt sie.
»Ick hab den schon oft jesehn, aber noch nich jehört.«
Doch jetzt kommt erstmal Gott.
Ahne macht sich rar und wird das akademische Viertel ausreizen. Vorhin schlich er zum Lesetisch und stellte sein Buch dort ab: »Ab heute fremd«. Dann war er verschwunden. Der Applaus von der Terasse oben an der Villa ebbt ab und spült die Menschenmenge hinunter an das Ufer des Wannsees in die Rotunde.
Um 17:20 erfolgt eine Ansage, dass man im Haus »Magnetische Poesie« erstellen könne. Das Ergebnis solle fotografiert und als Buch heraus gebracht werden. Aber das war nur Spaß, zumindest der erste Teil soll stimmen.
Ahne wird als Hauptact angekündigt. Er steht am Geländer mit Bier in der Hand und prustet in diesem Moment die Backen, dass er sich beinah verschluckt hätte. Er wird lesen und trinken und singen.
»Hallo Wannsee, hallo Zugereiste, hallo Gott! Gott kann heute zum ersten Mal nicht hier sein. Er hat einen wichtigen Termin in Lichtenrade bei einem Mopswettbewerb.«
Ahne erklärt, dass er deswegen das Zwiegespräch mit Gott alleine vortragen wird. Und da er schlecht zwei Personen in einer darstellen kann, wird er, wenn er von der einen Seite ins Mikrofon spricht als Gott sprechen, und wenn er von der anderen Seite ins Mikrofon spricht als Ahne.
»Und übrijens, Gott wohnt inna Choriner Straße 61, früher inne 63. Und falls hier de Westberliner dit Jespräch nich verstehn, weil dit Jerede uff Berlinerisch is, denn könn’se sich ooch einfach dazu bewejen und tanzen.«