Als ich gestern Nachmittag mit der S-Bahn von Berlin nach Potsdam fuhr, brach urplötzlich die Wolkendecke auf und ließ beide Städte für einen kurzen Moment unter blauem Himmel im Sonnenlicht erstrahlen. Vom Potsdamer Hauptbahnhof über die Lange Brücke gehend, sah ich die erhabene, kupferne Kuppel der Nikolaikirche. Da es bis zum Abendlicht noch ein gutes Stündchen dauern würde, wollte ich mir Potsdam zum ersten Mal von dort oben anschauen.
Zunächst hieß es, auf den Einlass zum Aufstieg zu warten, da maximal vierzig Personen gleichzeitig auf die Kuppel gelassen werden. Anschließend musste ich ein Ticket für fünf Euro am Automaten auf der Empore ziehen und noch einmal warten, bis das Drehkreuz in regelmäßigen Abständen den Weg zum Aufstieg frei gibt. Neben der Tür hängt dafür eigens ein Monitor mit einem rückwärts zählendem Countdown.
Die Wartezeit ließ sich sinnvoll überbrücken, indem ich den Chorklängen im Kirchenraum von oben herab lauschte. Für das deutsch-französische Chorkonzert am Abend wurde die Aufstellung geprobt und der letzte Feinschliff vom Chorleiter vorgenommen. Die Wände hinter dem Altar und der Orgel wurden in pink beleuchtet.
Als ich das Drehkreuz passieren durfte, fand ich mich kurz darauf in einem Wendelgang wieder und drehte mich selbst nach oben. Ich erreichte den Fuß der Kuppel. Hier steigt man kurz aus dem Gebäude und kann einen ersten Ausblick genießen. Ein weiteres Drehkreuz regelt den Aufstieg in die Kuppel.
Der folgende Wendelgang ist halb so schmal wie der zuvor, so dass hier wirklich nur eine Person hinauf oder herab gehen kann. Dummerweise gibt es für die Absteiger keine Ampel. So kam es, dass mir nach Erklimmen von zwei Dritteln der Höhe auf der gusseisernen Wendeltreppe zwei kichernde Damen entgegen kamen, die so gütig waren, noch einmal umzukehren. Luft für ein Passieren aneinander vorbei wäre nicht gewesen – mit der einen Schulter an der Mittelstange der Treppenkonstruktion und mit der anderen am Mauerwerk. Man hätte es höchstens übereinander probieren können.
Oben angekommen krabbelte ich aus einer Luke, die sogar für altehrwürdige Großmütter zu niedrig gewesen ist, um sich nicht bei Unachtsamkeit den Kopf zu stoßen.
Man hatte auf dem breiten Rand der Kuppel einen Gitterroststeg mit Geländer installiert, der eine vollständige Umrundung ermöglichte. Geht man rechts herum, so fällt der Blick sofort auf den goldenen Atlas auf dem Alten Rathaus. In Konkurrenz dazu an allen vier Ecken der Nikolaikirche die vier Engel, die über der Stadt wachen und dem Betrachter hier oben nur den Rücken zeigen. Es zeigt sich der Alte Markt mit dem Museum für Kunst und Geschichte, dem Knobelsdorff-Haus und dem relativ neuen Museum Barberini.
Ich schritt weiter im Uhrzeigersinn und das wiedererrichtete Stadtschloss mit dem Brandenburger Landtag kam in mein Blickfeld. Dahinter das markante, eckige, hohe Hotelgebäude und rechts dahin fließend, die sich langsam windende Havel zwischen den Wäldern.
Ein Stückchen weiter, geradewegs nach unten geschaut, liegt das verfallene Gebäude der ehemaligen Fachhochschule. Geht man darüber hinweg, so sieht man fast am Ende des Horizonts viele Hochhäuser und Plattenbauten aufragen. Diese waren mir in Potsdam bisher nicht so zahlreich aufgefallen, aber neben all den wunderschönen Parkanlagen und Schlössern gibt es auch ein paar kleine Schandflecken. Wenngleich gerade dieser Kontrast eine Stadt spannend und aufregend macht.
Dann traf ich auf einen Mann, der mir sagte, dass er vorhin mit dem Kran in einer Gondel nach oben gefahren sei. Bei schönstem Sonnenschein. Und kostenlos. Er zeigte hinter das verfallene FH-Gebäude. Und tatsächlich, von dort drang auch die Musik herüber, die ich die ganze Zeit nicht zuordnen konnte. Es surrte und an einem Stahlseil wurde eine Art Seilbahnkabine in die Höhe gezogen. Im ersten Moment hatte ich gedacht, dass die Kabine von dem Baukran gezogen und dann noch am langen Arm ausgefahren wurde. Aber nein, es war »nur« ein Autokran.
Jetzt hatte ich die Runde fast vollendet. Auf dem Dach des Bildungsforums standen viele Menschen und betrachteten Potsdam von dort mit einem heißen Punschgetränk in den Händen. Entlang einer Sichtachse trat die Kirche St. Peter und Paul ins Bild. Am Startpunkt meiner Umrundung angelangt, konnte ich einen Teil des Parks Babelsberg sehen mit dem daraus hervor stechenden Flatowturm.
stachelbeermond sagt:
Im März werde ich dort sein und das Museum Barberini besuchen… vielen Dank für das Vorfreudegefühl, das ich gerade habe!
25. Januar 2018 — 23:43
David sagt:
Danke, und ich wünsche dann schon mal viel Spaß in Potsdam und im Barberini!
27. Januar 2018 — 23:45
heifischberlin sagt:
tolle Fotos!
2. Februar 2018 — 14:40