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Schlagwort: fluss (Seite 1 von 1)

Auf großer Fahrt

Wie einst Tom Sawyer und Huckleberry Finn
Schippern wir auf dem Wasser der Havel dahin.
Am Wannsee schlagen die Wellen ans Floß,
Wir fürchten sie nicht, unser Mut ist so groß.

Wir spähen durchs Fernrohr zum Strandbad hinüber,
Dort gibt’s einen Schatz, unser Blut kocht vor Fieber.
Die Leute liegen wie Krebse am Strand,
Wir ankern und warten, geh’n erst nachts an Land.

Der Mond steht hoch und ist uns Laterne,
Wie Eisdiamanten funkeln die Sterne.
Die knittrige Karte weist uns den Weg,
Wir graben mit Spaten und Schaufel am Steg.

Schon bald stoßen wir auf ein hölzernes Gut,
Wir bergen die Truhe, brechen auf mit der Flut.
An Deck knacken wir mit dem Anker das Schloss:
Rost’ge Münzen, ein Seil und ein Wurfgeschoss.

Wir treiben flussabwärts noch tagelang,
Tauchen ein in die Wildnis mit Vogelgesang.
Der Fluss wird schmäler und windet sich bald,
Wir erzittern beim Heulen der Wölfe im Wald.

Entsetzt stellen wir eines Morgens fest,
Das Floß ist verfangen in Schling und Geäst.
Ein Seerosenteppich umschließt uns ganz,
Bis zum rettenden Ufer zwanzig Meter Distanz.

Wir binden den Haken an das Ende vom Seil,
Und schleudern ihn kräftig wie einen Pfeil.
Im siebten Wurf haben wir endlich Glück,
Er wickelt sich fest und kommt nicht mehr zurück.

Mit all uns’rer Kraft zieh’n wir an einem Strang,
Wir müssen uns sputen, der Ast hält nicht lang.
Wir zählen gemeinsam hinauf bis zur Drei,
Ein kräftiger Ruck und das Floß ist frei.

Wir stimmen vor Freude ein Seeliedchen an,
Und danken dem klugen Steuermann.
Das Schiffchen schaukelt wie auf hoher See,
Beim nächsten Mal fahren wir auf der Spree.

Mit Reichtum beschenkt, auch wenn ohne Gold,
Ist jedes Erlebnis des Entdeckers Sold:
Die Schatzkiste gefüllt mit Abenteuern
Von gierigen Schlangen und Seeungeheuern.

David Damm, 2021

Dieses Gedicht wurde im Rahmen der Juniverse-Challenge zum Begriff »Abenteuer« verfasst.

Rhein

Ein Schauspieler reiste zum Rhein,
Mit leichtem Gepäck über Stein,
Er suchte das Glück,
Ein goldenes Stück,
Und gabelte auf – ein Schwein.

David Damm, 2016

Bezugnehmend auf Kesslers Expedition »Mit Schwein am Rhein«.

Sommergruß

Aus Wolken fällt ein Regenguss,
Er treibt die Pflanzen an,
Der Bach erwächst zu einem Fluss –
Es blüht, wo ich nur schauen kann.

David Damm, 2016

Augenblick I – Frühling

Sanft sprudelt das Wasser der Quelle,
Zweige wiegen tanzend im Wind,
Zarte Knospen befreien sich des Mantels,
Die der Kälte verdrossen sind.
Lieblicher Duft verbreitet sich,
Erleuchtet das Farbenmeer,
Vogelstimmen erklingen hell,
Verzaubern den Wald so sehr.

Zaghaft beginnt ein neues Leben,
Dem der junge Fisch entspringt,
Unbeholfen platscht die Flosse,
Vom Rhythmus der Natur beschwingt.
Begibt sich auf die lange Reise,
Stets flussabwärts mit den Wellen,
Entdeckt die Welt mit großen Augen,
Verwunsch’ne Plätze und Gesellen.

David Damm, 2005

Dessau an der Mulde

Ich bin auf der stadtfernen Seite der Mulde. Hinter mir nur Wald und der Tiergarten. Ein acht Kilometer langer Rundweg führt durch ein Vogelschutz- und Überschwemmungsgebiet, das von mehreren Seitenarmen der Mulde durchzogen wird. Der Vollmond steht am Nachthimmel und lässt sein Licht in den Wellen des Flusses spiegeln. Es ist kalt.

Eine geschwungene Brücke führt hinüber in die Stadt Dessau. Sie wurde ohne Brückenpfeiler errichtet, um dem Hochwasser und der starken Strömung des Wassers trotzen zu können. Bei jedem Tritt schwingt die Konstruktion und ich muss Vertrauen haben, dass sie hält. Ein Pärchen steht in der Mitte im Schein der schwachen Beleuchtung. Ich frage mich, warum sie sich dort seit über zehn Minuten aufhalten. Aber vielleicht fragen sie sich das auch von mir.

Ich vernehme wiederholt ein helles kurzes Geräusch und spüre wie die Vibrationen zunehmen. Der Kerl springt mit Schwung in die Höhe und hämmert seine Füße auf den Beton. Sie zückt ihr Smartphone und macht ein Foto davon. Das stachelt ihn an, ein stählernes Abspannseil zu packen und seine Muskeln spielen zu lassen. Während das Springen nur ein leichtes auf und ab der Brücke verursachte, beginnt sie nun auf voller Länge um mehrere Zentimeter nach links und rechts zu schwingen. Ich fühle mich wie auf einem Schiff mit Seegang und gerate ins Schwanken. Ob die Konstruktion für solche Beanspruchung ausgelegt ist, weiß ich nicht. Mir wird mulmig und ich denke, nichts wie vorbei und runter von der Brücke. Sollen die beiden doch allein baden gehen. Das Pärchen verstummt für einen Moment als ich auf ihrer Höhe bin. Schnelleren Schrittes erreiche ich das andere Ende und verschwinde Richtung Altstadt.

Hinter dem Johannbau des Stadtschlosses ist das Sternbild des Orion zu sehen. Ich gehe durch die Überreste eines Portals, das die alte Schlossmauer erahnen lässt. Figuren schauen mich aus dem Dunkel an. Von Dessaus Altstadt ist nicht viel übrig. Plattenbauten füllen die Lücken auf. Dann die alte Marienkirche mit ihrem hübschen Türmchen. Über die Schlossstraße komme ich zu meinem Hotel.

Am nächsten Morgen führt mein Weg an der Anhaltischen Landesbücherei vorbei. Ein an die Wand geschmiertes Graffiti drängt sich in den Vordergrund:

Pornos erst ab 18

Ich muss schmunzeln und denke mir, Dessau, ich komme wieder!

Anhaltische Landesbücherei Dessau