Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter!
Ach Liebster, mein Liebster, ich färb’s erst noch bunter.
Das Haar will ich schneiden, doch nur an den Spitzen,
Das geht ganz schnell vor dem Spiegel im Sitzen.
Dann muss ich sie gründlich mit Warmwasser spülen,
Schon bald wirst du es selber erfühlen,
Wie kuschelweich mein Haar dadurch wird,
Wie Sonnenlicht durch die Strähnchen flirrt.
Dann nehm‘ ich die Bürste und werde sie kämmen
Und pudern, um Läuse einzudämmen.
Ich trockne die Haare mit dem Heißluftfön,
Mein Liebster, für dich nur mach‘ ich mich schön.
Mein Pony muss schließlich geglättet werden,
Damit ich die Schönste werde auf Erden,
Ist dieser Schritt endlich auch getan,
Fang ich schon mit dem Flechten an.
Doch weil’s, wie du weißt, einige Meter sind,
Gedulde dich kurz, ich mache geschwind,
Zu guter Letzt werde ich’s parfümieren
Und etwas Pomade zum Halt hinein schmieren.
Nach einigen Tagen, das ist jedem klar,
War Rapunzel fertig mit ihrem Haar.
Ein kurzer Blick in den Spiegel und dann
Trat sie überglücklich ans Fenster heran:
Mein Liebster, ich lasse das Haar rasch herunter,
Doch jener schlief fest unterm Busch des Holunder.
David Damm, 2022
Bianca Körner zelebriert im April auf Instagram den Poesiemonat, den National Poetry Month. Jeden Tag stellt sie eine Aufgabe und ich mache mit.
Die 6. Aufgabe lautete: »Schreibe über dein Haar.« Ich habe die Aufgabe minimal abgewandelt und über jemandes anderen Haare geschrieben.