Das Blog für Lyrik, Prosa, Musik und Ton.

Schlagwort: prenzlauer berg (Seite 1 von 1)

Sonntagsgespräch

Irgendwo in Prenzlauer Berg an einer Ampelkreuzung. Ich sitze auf dem Fahrrad und warte vor der roten Ampel. Ein alter Mann geht mit Krückstock auf dem Gehweg und spricht mich an:

Er: »Sind Sie auch gläubig?«

Ich: »Nein.«

Er: »Aber Gott liebt sie trotzdem.«

Ich: »Danke.«

Er: »Schönen Sonntag!«

Ich: »Ihnen auch!«

Hipster

Basecap, Sonnenbrille, Bart,
Schwarz jekleidet wirkste hart,
Aber tief im Herzen drin
Bist een kleenet Männeken.

David Damm, 2016

Friedrichslust

Steigt man am U-Bahnhof Rosa-Luxemburg-Platz aus der U2, steht man, wenn man den nördlichen Ausgang benutzt, an einer Kreuzung, an der die Schönhauser Allee und der Prenzlauer Berg beginnen. Ich folge der Straße auf der rechten Seite und blicke mich immer wieder um, was es zu entdecken gibt. Hier ist eine alte Fleischerei, die nun ein Restaurant beherbergt. Innen und außen bestimmen alte, verwaschene Kacheln und Fliesen das Bild. Lange Holzbänke und ein Kronleuchter laden zum Verweilen ein. Aber nachmittags um halb drei an einem Sonntag ist geschlossen, so dass man meinen könnte, nicht in Berlin, sondern auf einem Dorf zu sein.

Graffiti Schönhauser Allee 8

Neben der Fleischerei erspähe ich einen Durchgang zu einem Hinterhof. An einem Treppenaufgang am Ende des Hofes ist ein kunstvolles Portrait angesprüht. Ein weiterer Durchgang, an dessen dunkler Decke ich zwei Kronleuchter ausmachen kann, führt zum zweiten Hinterhof. Ich verspüre Neugierde in mir und sehe mir das genauer an.
Sah das Graffiti aus der Ferne fotorealistisch aus, entpuppt es sich aus der Nähe als eine Art Mosaik. Farbflächen in verschiedenen Grautönen lassen das Gesicht eines Mannes mit Basecap entstehen. Im Hintergrund abstrakte Formen aus Linien und Farben. Über dem Gemälde ist eine lange nicht mehr benutzte Luke mit der Aufschrift: »Aufzug. Rollenraum.« Weiter oben bröckelt der Putz von der Fassade und es gibt Ziegel, die den Fliesen der Fleischerei gleichen.
Im zweiten Durchgang steht allerlei Kram herum, wo ich nicht genau sagen könnte, ob es sich um Kunst handelt oder nicht. An einer Tür steht der Name »Friedrichslust«. Ich vergewissere mich, dass es keine roten Lichter gibt, und bin beruhigt. Friedrichslust ist ein Geschäft für Antiquitäten und Kunst. Einiger Krempel steht vor der Tür oder hängt am Torbogen, vermutlich weil drinnen kaum noch Platz dafür ist. Für einen Blick hinein muss ich noch einmal wiederkommen. Es ist ja Sonntag.

Eine nachträgliche Recherche hat ergeben, dass »Friedrichslust« diesen Ort (Schönhauser Allee 8, 2. Hinterhof rechts) verlassen wird und in die Nähe des Schloss Charlottenburg umzieht. Aufgrunddessen soll es jeden Samstag im März von 12 bis 18 Uhr einen Garagenflohmarkt geben. (Meldung auf Facebook vom 4.3.2016)